Abschied nehmen heisst Danke sagen
03.02.2016 - 08:58 | Remo SchläpferAm gestrigen Abend versammelten sich Mitarbeitende, ehemalige Bewohnerinnen und Bewohner, Pflegeeltern, Bekannte und Freunde des Kinderdorfes in der Mehrzweckhalle. Grund für das Beisammensein war der Abschied von den Kindern und Jugendlichen und deren pädagogischen Betreuern und Lehrkräften, die bis Ende Juni in den Häusern Yambhu Lagang, Alkuds, Nakupenda und Mutende lebten.
«Die Ankunft im Chuchichäschtliland war für mich und meine Frau ein Schock.»
Mahmoud Kassem – Betreuer für palästinensische Flüchtlingskinder
Erinnerungen an die Ankunft im Chuchichäschtliland
Aus dem Nähkästchen – oder vielleicht auch Chuchichäschtli – erzählte Mahmoud Kassem, der in den 80er-Jahren zusammen mit seiner Frau Fatima als Hauseltern für palästinensische Flüchtlingskinder im Kinderdorf eine neue Heimat fand: «Ich erinnere mich noch genau an die ersten Eindrücke. Die Ankunft im Chuchichäschtliland war für mich und meine Frau ein Schock», sagt Kassem mit einem Augenzwinkern. «Im Libanon war es 20 Grad Celsius warm und frühlingshaft, während im Kinderdorf Pestalozzi Schnee lag und ein kalter Wind blies», so Kassem weiter. Nach dem anfänglichen Schock haben sich Mahmoud Kassem und seine Frau Fatima jedoch an das neue Umfeld gewöhnt. Die beiden lebten zusammen mit den Flüchtlingskindern in einem Haus und bildeten eines der damals zahlreichen Nationenhäuser. Mahmoud und Fatima Kassem betreuten bis ins Jahr 2013, insgesamt 29 Jahre lang, Kinder und Jugendliche im Kinderdorf Pestalozzi. Er misse keine Minute seiner Zeit im Kinderdorf, meint er rückblickend. Eine berührende Geschichte erlebte auch Tselha Tsawa, die mit der ersten Gruppe tibetischer Flüchtlingskinder 1960 im Kinderdorf ankam. «Im Kinderdorf hatte ich ein neues Zuhause gefunden. Das anfängliche Gefühl der Verlassenheit verflüchtigte sich schnell», beschreibt sie ihre ersten Momente im Kinderdorf. Die tibetischen Kinder hätten hier die Möglichkeit gehabt, zusammen mit den Hauseltern ihre Kultur und Gemeinschaft zu leben und damit zu erhalten. «Die Wärme und Geborgenheit, die ich hier im Kinderdorf erlebt habe, gaben mir immer wieder Kraft, um schwierige Momente zu bewältigen», so Tsawa weiter.
Abschied nehmen
Am gestrigen Anlass hiess es nun, von Gewohntem und Geliebtem Abschied zu nehmen. «Verändern heisst Abschied nehmen. Abschied nehmen heisst danken», so die Worte von Egger zum Grund des Beisammenseins. Egger dankte im Namen der Stiftung herzlich für den Einsatz aller Mitarbeitenden des Wohn- und Schulangebotes, die bis zum heutigen Tag mitgeholfen hatten, für die Betreuung der betroffenen Kinder und Jugendlichen zu sorgen. Für die Kinder und Jugendlichen wurden seit dem Schliessungsentscheid im Herbst 2013 laufend neue Plätze gesucht – und gefunden. Sieben Kinder und Jugendliche haben das Schuljahr noch im Kinderdorf beendet und bezogen in den vergangenen Tagen ihr neues Zuhause.